Im Herbst stand wie die letzten Jahre auch erneut eine längere Tour an. Und wie die letzten Jahre auch sollte diese wieder mit 2 Testmaschinen stattfinden. Das Zielgebiet waren heuer die rumänischen Karpaten.
Um möglichst flexibel zu sein, fiel die Wahl der Motorradkategorie erneut auf Reise-Enduros.
Also warum nicht nochmal, die Zwei Kandidaten bewegen, die auf dem Papier in der Redaktion gerade um Platz eins in der Kategorie #bestesReisebike streiten.
Es wurde zum einen eine alte Bekannte, die Honda Africa Twin in der Adventure Sports Variante. Mit diesem Modell waren wir schon öfters unterwegs, sie ist für größere Touren schon eine Art “Liebling” geworden, auch weil wir diese Maschinen immer mit umfangreicher Ausstattung bekommen, darunter u.a. mit einem kompletten Koffersystem.
Für eine detaillierte Betrachtung der Maschine verweise ich hier einmal auf meinen ausführlichen Test/Tourenbericht, damals mit zwei Africa Twins im Balkan unterwegs.
Die zweite Maschine war für mich persönlich komplettes Neuland und zudem ein Modell, welches ich immer schon seit Erscheinen gerne einmal ausgiebig ausprobieren wollte: Die Harley Davidson Pan America in der Special Edition. Diese bekam für uns dann auch noch ein Kofferset montiert.
Im Herbst stand wie die letzten Jahre auch erneut eine längere Tour an. Und wie die letzten Jahre auch sollte diese wieder mit 2 Testmaschinen stattfinden. Das Zielgebiet waren heuer die rumänischen Karpaten.
Um möglichst flexibel zu sein, fiel die Wahl der Motorradkategorie erneut auf Reise-Enduros.
Es wurde zum einen eine alte Bekannte, die Honda Africa Twin in der Adventure Sports Variante. Mit diesem Modell waren wir schon öfters unterwegs, sie ist für größere Touren schon eine Art “Liebling” geworden, auch weil wir diese Maschinen immer mit umfangreicher Ausstattung bekommen, darunter u.a. mit einem kompletten Koffersystem. Für eine detaillierte Betrachtung der Maschine verweise ich hier einmal auf meinen ausführlichen Test/Tourenbericht, damals mit zwei Africa Twins im Balkan unterwegs.
Die zweite Maschine war für mich persönlich komplettes Neuland und zudem ein Modell, welches ich immer schon seit Erscheinen gerne einmal ausgiebig ausprobieren wollte: Die Harley Davidson Pan America in der Special Edition. Diese bekam für uns dann auch noch ein Kofferset montiert.
Da dieses Modell bis zum Erscheinen auch für HD ein eher untypisches Modell war, war ich wirklich gespannt, wie die Amerikanerin sich in diesem Segment so schlägt. Schließlich tummeln sich diverse Hersteller in dem Bereich der großen Reise-Enduros und alle wollten sich ein Stück von dem riesigen Kuchen abschneiden, der seit Ewigkeiten von BMW mit seiner großen GS “gebacken” wird.
Harley nähert sich auf dem Papier und den Eckdaten daher ähnlich wie die meisten Konkurrenten: Potenter Motor mit >1200cm³ und satt Leistung, dazu Schwerpunkt auf üppige Ausstattung und ein Arbeitsplatz für lange Touren.
Gelände darf es auch immer etwas sein, halt im Rahmen dessen, was in solch einer Gewichtsklasse so funktioniert. In den Händen von Profis ist das dann auch immer durchaus beeindruckend, was die Experten mit diesen Großgeräten dann abseits der Straßen so anstellen. Bei den meisten Kunden dampft sich das aber in der Regel wohl eher auf unregelmäßige Ausflüge auf Schotterpisten oder ähnlichem Geläuf herunter.
Bei der Honda sieht das Grundgerüst etwas anders aus, obwohl sich die Africa Twin mit ihren 1084cm³ auch bei den Großenduros einsortiert, wird hier nicht ganz so mit hohen Werten geprotzt. Nicht nur der Hubraum bleibt unterhalb der anderen Modelle dieser Gattung, auch bei der Leistung gibt man sich bescheidener.
Die Africa Twin gibt es zudem auch mit geländetauglichen 21” Vorderrad, in vorherigen Jahrgängen sowohl beim Standardmodell als auch bei der Adventure Sports Version. Dieses wurde leider mit dem aktuellen Jahrgang geändert: Standardvarianate mit 21/18” Rädern und die Reiseversion Adventure Sports nun nur noch in 19/17”. Das finde ich persönlich schade, gerade die besser ausgestattete Variante mit dem 21” mochte ich sehr gerne.
An dieser Stelle noch ein kleiner Einwurf von der Abholung der Harley. Die Pan America stand in der Halle an einem Ladegerät und wir bekamen eine kurze Einweisung, besonders bezüglich des keyless System samt verbauter Alarmanlage.
Die Maschine kommuniziert nämlich ständig mit dem Schlüssel, dieser wird für die Nutzung der Maschine nicht gebraucht, er muss halt nur in der Nähe (also normalerweise in der Tasche) sein. Ist er nicht in der Umgebung, ist die Alarmanlage scharf. Damit das Motorrad während der Fahrt nicht ständig aufmuckt, gibt es extra einen Transportmodus. Zudem braucht diese ganze Funkerei zwischen Schlüssel und Motorrad Energie und somit sollte die Maschine nicht allzu lange herumstehen, einen näher definierten Zeitraum gab es da nicht als Ansage.
Zur Sicherheit bekamen wir noch ein Ladenetzteil mit und einen serienmäßig verbauten Anschluss gibt es auch gleich. Das machte mich zunächst schon etwas stutzig für eine Reisemaschine, faktisch brauchten wir das Ladezeug dann aber zum Glück auch während der ganzen Reise nicht. Aber so grundlos bekommt man das ja nun auch nicht in die Tasche gesteckt.
Vielleicht hat ja jemand Erfahrungen damit, wie lange so eine Pan America herum stehen kann, bis man sie nicht mehr alleine angeworfen bekommt.
Bei der Ankunft im Zielgebiet schauen wir uns die beiden Modelle erst einmal genauer an.
Beim Motor gibt sich die Pan America nur bei der V2 Motor-Konfiguration Harley-klassisch.
Ansonsten hat der Revolution Max 1250 Motor wenig mit den üblichen “Blubbermotoren” der zahlreichen Cruiser der Marke zu tun. Er dreht munter hoch bis nahe 5-stelliger Spähren, der rote Bereich beginnt erst bei 9000 1/min und satte 112kW/152PS werden bei 8750 1/min produziert. Auch in Sachen Drehmoment wird nicht gekleckert, bis zu 128Nm drückt der Antrieb (bei 6750 1/min). Und selbst bei der Kraft-Weitergabe setzt HD hier untypisch auf eine Kette.
Die beiden Reifen kommen in den Dimensionen 120/70-19 und 170/60-17 daher und mit vollem 21,2l Tank stehen dann (ohne die Koffer) 258kg auf der Waage.
Die Honda ist bei den nackten Daten wie angesprochen etwas bescheidener: Hier müssen 75kW/102PS reichen, das max. Drehmoment stieg durch kleine Anpassungen für das Modelljahr 2024 (von bisher 105Nm bei 6250 1/min)) auf 112Nm bei nur noch 5500 1/min.
Besohlt ist die Africa Twin nun mit 110/80-19 und 150/70-18, das Hinterrad bleibt also trotz des Wechsels vorne von 21” auf 19” identisch.
Auf der Waage stehen schließlich trotz vollem 24,8l Tank und fast 10kg Extragewicht durch das verbaute DCT-Getriebe “nur” 253kg. Nur zum Vergleich : die Standardversion mit Schaltgetriebe startet mit 18,8l vollgetankt bei 231kg. Alles extra wiegt halt auch!
Nun einmal zum Beschau der Maschinen.
Das “Gesicht” der Honda kennt man nun schon länger, auch wenn bei der Modellpflege sicher feine Nuancen verändert werden. Allgemein wird die Optik wohlwollend aufgenommen und ist als gelungen zu bezeichnen.
Bei der Pan America scheint das dann doch etwas anders zu sein. Von vorne betrachtet bringt die Harley ein markantes Gesicht mit, welches klare Ähnlichkeiten zu einigen anderen Modellen des Herstellers zeigt.
Scharfe Kanten und eckige Lampen prägen hier die Erscheinung. Schönheit liegt ja immer im Auge des Betrachters und von manchen wird ein markantes und direkt erkennbares Äußeres einem nicht ganz so “rundgeschliffenes” Einheitsgesicht vorgezogen, so ist das wohl auch bei der Pan America. Womöglich hatte man da im Hinterkopf, dass lange Jahre die große GS mit dem “Karl Dall-Blick” sicher nicht wegen der Schönheit ein Verkaufsschlager war.
Bei Postings von der Tour bekamen wir eine Nachricht eines Freundes, ob wir mit dem “Fiat Multipla” der Motorradwelt unterwegs sind.
Daraus kann man sich gerne ableiten, wie er die Optik fand. Ich persönlich finde das "Gesicht" auch nicht unbedingt schön, aber wie erwähnt, es ist markant und in der Klasse definitiv einzigartig. Und: wenn man drauf sitzt, sieht man es ja auch nicht.
Bevor es endlich losging, verpackten wir unseren Kram und schlossen die mitgebrachten Gerätschaften an. Als Unterbringung wurde für die Pan America ein modellspezifischer Tankrucksack mitgeliefert, der per Klickverschlüssen (2 vorne, 1 hinten) schnell und leicht zu befestigen war.
Die beiden vorderen Gurte kann man zudem nach dem Abnehmen vom Motorrad zu einem Tragegriff verbinden.
An der Harley gibt es lediglich an der rechten Seite des Cockpits einen (aktuellen) USB-C Anschluss, die Honda bringt am Cockpit einen USB-A Anschluss mit und links daneben noch eine klassische 12V-Steckdose Modell Zigarettenanzünder mit. Hier hat man somit 2 Anschlussmöglichkeiten und ist etwas universeller für Zubehör ausgestattet.
Seit der Wiederaufnahme ins Honda-Programm setzt die Africa Twin auf ein Cockpit mit integriertem CarPlay/Android Auto und darunter befindet sich noch ein flaches LCD Display für Tempo und Gang. Ich bin sehr Fan von dieser Lösung, bleibt einem so als Nutzer doch eine gute Auswahl an verschiedenen Apps, ob nun für Navigation oder Musik.
Theoretisch toll, in der Praxis gab es hin und wieder aber auch nerviges: Vor jedem Start gibt es eine Meldung, dass man während der Fahrt doch bitte auf die Straße achten muss, etc. Diese muss stets mit “verstanden” bestätigt werden. Jedes verdammte Mal.
Bei laufendem Motor sind keine neue Kopplungen mit anderen Geräten möglich, es scheint zudem immer ein Headset nötig zu sein (zumindest wird ständig damit genervt, wenn keins gekoppelt ist) und zudem funktioniert die Verbindung ausschließlich per Kabel, obwohl sowas heutzutage auch komplett schnurlos geht. Das besondere Problem dabei war nämlich konkret, dass der USB-Anschluss schon nicht mehr ganz so fest war und es somit hin und wieder bei kräftigeren Schlägen zu einer Störung der Verbindung kam. Danach fing die ganze Einleitungprozedur von vorne an, was leider nicht so selten passierte.
Die Harley setzt hingegen für das Multifunktions-Cockpit auf eine eigene App, u.a. mit integrierter Navigationslösung. Immerhin kann diese nicht nur simple A nach B Navigation, sondern unterstützt auch den Import von GPX-Dateien.
Das funktioniert mit einer auf die Schnelle verabreichten kleinen Runde in heimischen Gefilden ganz gut. Bei meiner im Vorfeld komplett durchgeplanten Route (wir reden hier von rund 2500km) gab die App aber leider auf. “Ungültige Datei”, ab nun als kompletter Track oder als Wegpunktliste, die jeweilige Datei wurde abgelehnt. Schade, so kam dann doch noch zusätzlich mein gutes, altes TomTom an den Lenker.
Nun stand aber endlich auch das Aufsitzen an. Ich selber fuhr auf dieser Runde überwiegend die Harley, da ich dieses Modell bisher, im Gegensatz zur Honda, noch gar nicht kannte. Aber selbstverständlich tauschten wir auch immer wieder einmal die Sättel.
A propos Sattel. Beim Aufsitzen der Harley bekam ich fast Cruiser-Gefühle.
Das lag zum Glück nicht an den Fußrasten, sondern an der wirklich überraschend niedrigen Sitzhöhe! Während die meisten größeren Reise-Enduros eher etwas für langbeinige Menschen sind, kann hier mit Sicherheit auch jemand ohne Gardemaß problemlos Platz nehmen und dabei trotzdem beide Füße gut auf den Boden bekommen. Unterstützt wird die an sich schon überschaubare Sitzhöhe noch von einer Absenkautomatik! Steht die Maschine auf dem Seitenständer und die Zündung wird eingeschaltet, senkt sich die Maschine noch ein Stückchen weiter hinunter.
Somit liegt man beim Aufsatteln noch unterhalb der Sitzhöhe nominellen von 850 bzw. 875mm. Der Nachteil bei dieser Technik ist allerdings, dass man sitzend die Maschine in der Regel recht weit nach rechts kippen muss, um den Seitenständer einklappen zu können. Dieser ist zudem ungewöhnlich weit vorne montiert, so dass die Hand- bzw. “Fußhabung” anfangs etwas ungewohnt ist.
Für mich als eher Langbein bedeutete das hingegen, dass nach den ersten rund 100km Fahrstrecke eine Korrektur der Sitzhöhe nötig wurde. In der niedrigeren Stufe war mir der Kniewinkel auf Dauer etwas zu eng.
Der Wechsel geht im Handumdrehen, der Sitz ist innerhalb von einer Minute in der höheren Position fixiert. Nun passte auch für mich alles! Und an dieser Stelle ziehe ich ein kleines Fazit vorweg: ich glaube, ich habe noch nie auf so einem bequemen Serien-Sitzmöbel Platz genommen wie hier bei der Pan America. Gerade bei neuen Maschinen muss ich mich öfter mal so ein bis zwei Tage etwas “einsitzen”, bis sich die alten Knochen an die neue Position und Sitzfläche gewöhnt haben.
Hier passte es für das Hinterteil direkt perfekt. Den Sitz alleine hätte ich schon gerne behalten.
Zurück zum Losfahren. Bevor es losgehen kann, steht das Booten des Systems an. So muss man das wohl bezeichnen. Während man bei der Honda den Schlüssel umdreht und innerhalb kürzester Zeit das Display vom Startbildschirm im Betriebsmodus ist, muss man bei der Harley dann doch ein paar Sekunden mehr mitbringen.
Es dauert doch merklich länger, bis die Pan America endlich im Display ihre Einsatzbereitschaft symbolisiert. Vorher sollte man am besten auch nicht den Starter durchdrücken, so der Techniker bei der Einweisung.
Nun starteten wir die Motoren und da gab es gleich die erste Überraschung: die Honda basst satt und vollmundig aus dem großen Schalldämpfer, die Harley übt sich in Understatement. Geradezu dezent kommt die Klangkulisse daher, man bekommt fast den Eindruck, als säße der größere Antrieb unter dem Logo mit dem Flügel.
Was ich beim ersten Losfahren noch nicht wirklich bewerten wollte, es sich im Laufe der noch kommenden rund 2350km aber festigte: die Pan America hat ein anfangs etwas unrundes Kaltlaufverhalten. Gerade wenn es in der Stadt losgeht und man auf den ersten paar hundert Metern öfter mal Stop-und-Go hat, verschluckt sich die Harley bisweilen etwas und nimmt auch nicht ganz so sauber Gas an.
Nach 1-2 Minuten ist das vorbei und dann läuft der Antrieb geschmeidig.
Zu klagen gibt es auch sonst nichts am Arbeitsplatz beider Maschinen. Bei der Honda ist die Sitzbank etwas enduromäßig schmaler, aber auch das Sitzmöbel ist durchaus bequem. Man sitzt zudem etwas mehr auf der Maschine, bei der Harley etwas mehr “drin”.
Beide Maschinen haben Spiegel, in denen man trotz breiter Schultern gut nach hinten sehen kann und auch die jeweiligen, mehrfach einstellbaren Scheiben verrichten ihren Dienst hervorragend.
Sollte es mal abseits der festen Pisten gehen und sich der geneigte Endurofahrer lieber auf die Rasten stellt, als im Sattel sitzen zu bleiben, wird wahrscheinlich eher die Honda bevorzugen.
Uns beiden passte auf der Harley die Ergonomie nicht so ganz, wir mussten uns doch schon ein wenig zum Lenker herunter bücken. Dieser ist recht weit nach hinten gebogen, um dem Piloten über den langen Tank entgegenzukommen und verfügt zudem über einen Lenkungsdämpfer, der bei losem Geläuf eventuell auch eher etwas störend sein könnte.
Beim normalen Fahren verhält sich dieser aber im besten Sinne unauffällig. Ebenfalls für die Honda spricht hier der längere Federweg von 210/200mm (vorne/hinten). Nebenbei bemerkt bietet die Standard-Variante der Africa Twin 230/220mm. Die Harley begnügt sich mit jeweils 191mm vorne und hinten.
Eine weitere Sache bei der Pan America ist die Position der verbauten Batterie, diese befindet sich noch vor dem Krümmer des ersten Zylinders. Dadurch ist zum einen der Abstand zum Vorderreifen nicht sonderlich groß, zum anderen frage ich mich, wie sich die Maschine wohl bei Flussdurchfahrten (wie zum Beispiel auf Island üblich) so verhalten würde.
Keine Ahnung, ob der Akku da in irgendeiner Weise besonders geschützt ist. Wahrscheinlich fällt so ein Szenario auch nur bei den wenigsten potentiellen Besitzern ins Gewicht, aber erwähnen will ich es trotzdem.
Bei unseren kleinen Ausflügen über Schotterpisten oder wild bewachsene Hänge zu einem Aussichtspunkt gaben sich beide Maschinen zumindest keine Blöße. Auch die verbauten Reifen von Michelin und Bridgestone funktionierten auf diesem Geläuf prima, aber unser Schwerpunkt lag bei dieser Tour ja schon deutlich auf Asphalt.
Aber wo man auch hinkommt, die semiaktiven Fahrwerke beider Maschinen bringen ein passendes Setup mit. Ob nun Straße, Schotter oder Gelände, beide Motorräder haben diverse Einstellungen an Bord, um auf Knopfdruck das Fahrwerk anzupassen.
Das funktioniert bestens und auch die Presets erschienen uns gut gewählt. So wurde auch schon einmal auf einem sehr rumpeligen Stück Straße auf eine “grobere” Stufe gestellt und schon war es deutlich komfortabler. Das erhöht die Reiselust auf Dauer wirklich. Natürlich gibt es dazu auch jeweils verschiedene Mappings, um diverse Parameter des Motors an unterschiedliche Situationen anzupassen. Straßen-, Gelände-, Regen- oder auch ein Sport-Modus sind vorhanden, zudem gibt es auch einen individuellen User-Modus (bzw. zwei bei der Harley).
Alle Einstellungen können jeweils an den Multifunktionsdisplays über eine Schaltkreuz an den linken Lenkerarmaturen ein- und verstellt werden. Wobei die ganze Bedienung bei der Harley insgesamt noch intuitiver ist und uns somit etwas besser gefallen hat. Bei der Honda gibt es z.B. an beiden Seiten eine Funktionstaste (FN).
Geschützt sind beide Lenkergriffe jeweils durch verbaute Hand-Guards, bei der Africa Twin verschraubt, bei der Pan America angeklippst. Das hat den Vorteil, dass bei ungeplanten Kontakt das Kunststoff nicht so schnell beschädigt wird. Allerdings hatte ich das Kunstoffteil auch bei der Tour einige Male unbeabsichtigt gelöst.
Das Befestigen ist aber genauso schnell wieder erledigt.
Generell bringt die Pan America eigentlich alles mit, was es elektronisch so zu verbauen gibt: Antiblockiersystem, Bremskraftverteilung, Antriebsschlupfregelung, Schleppmomentregelung (alles kurvenoptimiert), Berganfahrhilfe, Reifendruck-Überwachungssystem, automatische Blinkerrückstellung sowie eine Wheelie- und Stoppie-Kontrolle.
Natürlich gibt es auch Heizgriffe (wovon wir auch wiederholt Gebrauch gemacht haben) Einzig eine Schaltautomatik wie Hondas Doppelkupplungsgetriebe (DCT) ist nicht im Angebot.
Dafür war die Testmaschine mit einem Quickshifter versehen. Aber ausgerechnet diese glänzte nicht gerade mit besonderen Manieren. Was inzwischen die meisten Mittelklasse-Maschinen von Triumph, Yamaha, etc. für unter 10.000€ sehr geschmeidig hinbekommen, rumpelt bei diesem Oberklassen-Reisegerät doch stellenweise recht deutlich. Sehr sanfte Schaltvorgänge wechselten oft mit teilweise etwas rüden Gangwechseln. Da sollte Harley bei der nächsten Modellpflege noch etwas nachbessern.
Die Honda ist bei den ganzen Helferlein nicht ganz so hochgerüstet. Auch hier gibt es natürlich ABS und Traktionskontrolle in mehreren Stufen, dazu ein LED-Kurvenlicht, Griffheizung, Tempomat und automatische Blinkerrückstellung.
Dafür bietet die Africa Twin das seit vielen Jahren bewährte DCT, welches wirklich sehr gut funktioniert und auch in mehreren Stufen einstellbar ist. Nach wie vor gefällt mir der Standard-Fahrt-Modus (D) nicht so recht, wird hier doch sehr schnell hochgeschaltet und beim folgenden Gas geben etwas träger wieder herunter. Das mündet dann oftmals in Geruckel an der Antriebskette.
Uns beiden sagen die Sport-Schaltmodi (S1-S3) besser zu, S2 passte mir bei dieser Runde am besten. Hier wird die Drehzahl insgesamt (also auch beim “Gleiten”) etwas höher gehalten, so dass spontanes Gas geben nicht in untertourigem Geruckel mündet.
Zudem wird der Motor generell etwas höher gedreht, so dass bei dieser Zweiergruppe die Pan America nicht so schlagartig entschwindet. Die Harley entwickelt beim Dreh am rechten Griffe nämlich eine ziemlich beeindruckende Performance und lässt die Muskeln spielen, dass es nur so eine Freude ist. So ein munteres und rasantes Hochdrehen kennt man sonst nicht von den Antrieben aus Milwaukee.
Daher: Hut ab, dieser Motor macht wirklich richtig Spaß und produziert bei jedem schwungvollen Gas geben ein richtiges Feuerwerk. Das passende Gegenstück zum potenten Antrieb ist die verbaute Brembo-Bremsanlage, die jederzeit und stets souverän eine enorme Verzögerung ermöglicht. Da passen beide “Elemente” Beschleunigung und Verzögerung hervorragend zusammen.
Auch die Honda hat einen durchaus kräftigen Antrieb, aber die Harley spielt hier im direkten Vergleich dann doch in einer anderen Liga.
Ein weiterer sehr positiver Aspekt: Trotz des mehr als genug Leistung ist der Motor recht sparsam. Auf dieser Tour kam die Maschine mit einem Testverbrauch von 5,1-5,3l/100km aus.
Sogar noch etwas sparsamer war die Africa Twin, hier pendelte sich der Verbrauch bei 4,9-5,1l/100km ein. Mit den verbauten Tanks wären wir so mit der Harley stets min. rund 400km weit gekommen, die Honda mit dem großen Spritfass legt da dann noch einmal etwa 100km mehr auf die Waagschale.
Zusammengefasst waren wir mit zwei wirklich tollen Reisemaschinen unterwegs, die Schwächen beider Modelle liegen hier wirklich nur im Detail.
Auch die mitgelieferte Ausstattung, primär die Koffersysteme, überzeugten uns und wir hatten nichts daran zu bemängeln.
Welche Maschine nun die bessere ist, kann man wie so oft gar nicht wirklich sagen.
Obwohl in einem Segment, unterscheiden sich beide Modelle durchaus.
Wer öfters abseits von festen Straßen unterwegs ist, könnte wohl eher mit der Africa Twin glücklich sein. Wobei es je nach genauem Einsatzgebiet vielleicht dann ggf. doch besser die Standard-Variante sein könnte. Liegt der Schwerpunkt bei mehr bzw. überwiegend Asphalt, wie bei unserer Tour jetzt, kann die Pan America sicher besser ihre Vorteile ausspielen.
Wobei auch da die Sache nicht so eindeutig ist, waren sich die Protagonisten dieser Reise in dieser Frage nämlich auch nicht einig.
Ich persönlich mochte es sehr, überwiegend die Harley zu fahren (aus eingangs genannten Gründen) und für mich wäre es auch die Pan America, die ich im Nachhinein gewählt hätte.
Mitfahrer Jochen hingegen mag insgesamt die Africa Twin lieber.
Er war schon viel häufiger in Sachen Enduro unterwegs und schätzt daher das sehr breite Spektrum der Honda, ob nun sitzend oder stehend bewegt.
Selbst das DCT, welches er ursprünglich (schon auf der letzten Tour) nicht so recht mochte, hat ihn auf dieser Reise milde gestimmt, wenngleich er trotzdem immer noch sehr häufig manuell per Fingerdruck schaltet. Zudem blieb für ihn auch am Ende der Reise noch das Geschmäckle mit der Optik. Aber wie schon am Anfang erwähnt: über Geschmack kann man halt streiten oder auch nicht.
Fest steht: Mit keiner der Maschinen macht man etwas falsch, wir waren mit zwei wirklich tollen Motorrädern auf einer schönen Reise. Die Honda hat schon seit der Wiedererscheinung ihre eigene Fangruppe und verkauft sich konstant gut.
Die Pan America bewegt sich sowohl bei den Eckdaten als auch beim Preis sicher noch mehr Richtung Klassenprimus und kann in dieser Premium-Gruppe definitiv punkten.
Und wenn der halbe Parkplatz voll GS steht, kann ein eigenes Gesicht durchaus mal den Ausschlag für die Wahl geben.
Es wäre definitiv keine schlechte.