Der Avon 3D Supersport ist bereits seit 2022 auf dem Markt und bildet den Nachfolger des 3D Ultra Evo. Aus sportlicher Sicht ist er damit die Speerspitze des englischen Reifenkonzerns.
Laut Avon ist der 3D Supersport sowohl für den sportlichen Landstraßeneinsatz als auch den Trackday konzipiert. Dieses Werbeversprechen musste er nun bei uns unter Beweis stellen.
Wir montierten den Avon auf eine KTM 890 Duke GP neuesten Jahrgangs, tourten mit ihm von touristisch bis sportlich flott vier Tage durch Kroatien und nahmen noch einen Zwei-Tages-Trackday im Automotodrom Grobnik unter die Räder.
Im Ausgangszustand fällt direkt der geringe Negativanteil des Profils und die spitze Kontur des Reifens auf, welches beides einer großen Aufstandsfläche zugutekommt.
Das Profildesign lässt sofort erahnen, dass es sich hierbei um ein sportliches Exponat aus dem Reifenlager handelt.
Und der auf der Flanke prangende Union Jack beschreibt wie Avon selbst: „proudly made in the UK“.
Optisch schon erste Liga. Ausgangsprofiltiefen 3,9 mm vorne und 5,2 mm hinten.
Aufgesessen und schon starten wir auf den kroatischen Küstenstraßen. Hierbei fällt direkt auf: der Avon 3D Supersport braucht ein paar Meter, um ein wenig Temperatur in die Karkasse zu bringen.
Aber für einen Sportreifen ist dies kein seltenes Phänomen und stellt auch kein Problem dar.
Einmal eingerollt zeigt der Reifen sich dann aber von seiner guten Seite und schafft es sehr schnell, ein vertrauensvolles Gefühl zu generieren. Ein sehr sauber dämpfendes Abrollverhalten und seine Neutralität machen ihn hier zum super Tourenbegleiter.
Mit einer Neutralität, welche nicht zu flink und flatterig wirkt, wie oft im Hypersportsegment erlebt. Besonders auf Motorädern, welche von Haus aus kein Agilitätsproblem haben, wie unsere 890 Duke, wirkt diese Eigenschaft wirklich sehr positiv auf das allgemeine Fahrverhalten ein.
Im schönen Kurven-Eldorado des kroatischen Hinterlands überzeugt der 3D Supersport mit wirklich vorbildlicher Stabilität bei allen Schräglagen und zeigt sich als ausgezeichneter Spielgefährte unserer Duke.
Beim ersten Stop zeigen sich direkt die zwei unterschiedlichen Mischungen im Laufstreifen des Hinterradreifens.
Ohne Gegenwehr oder Krafteinsatz taucht die Duke in jede gewünschte Schräglage ab und lässt sich dabei niemals aus der Ruhe bringen.
Korrekturen der Linie in Schräglage müssen zwar wirklich gewollt werden, aber nicht erzwungen werden. Die Aufstellmomente, selbst beim Reinbremsen oder Rausbeschleunigen sind sehr gering, auch in diesem Kapitel ist der Avon sehr ausgewogen neutral.
Zeit, auf dem Track zu zeigen, wieviel Sport nun wirklich drin steckt im bis hierhin sehr souverän auftretenden Engländer.
Ohne Reifenwärmer reduzieren wir im Kaltzustand erst einmal den Reifenluftdruck aus dem Bauch heraus. Im ersten Turn tasten wir uns zunächst vorsichtig heran. Ab der ersten Runde ist der Reifen sofort wieder angenehm unauffällig. Nach den ersten 20 Minuten passen wir, im durch die Fahrt erwärmten Zustand, den Luftdruck erneut auf vorne 2,1 bar und hinten 2,3 bar an.
Ab jetzt heißt es Feuer frei. 14 Turns spulen wir so auf dem äußerst griffigem Asphaltband des Automotodroms Grobnik in zwei Tagen ab.
Auf der Rennstrecke im Grenzbereich fällt einzig ein zu geringes Feedback des Vorderradreifens als kleiner Negativaspekt auf, um in manchen Kurven noch ein wenig schärfer ins Eck zu halten. Dies aber erst bei Rundenzeiten, bei denen viele Motorsportenthusiasten bereits zu Rennreifen greifen.
Antworten auf Fragen aus der Nachbarbox, welchen Straßenreifen wir montiert hätten, wurden meist verwundert aufgenommen. Scheinbar wurden hier andere Hersteller erwartet, wenn man schon beim Rausbeschleunigen mit einem Tracktool von einer Straßen-Duke verfolgt wird.
#goodjobavon
Auch hier zeigt sich die Neutralität des Avon 3D Supersport. Äußerst stabil und mit sehr viel Grip lässt sich hier easy eine Runde nach der anderen abfahren. Aber mit wachsendem Vertrauen in die Pneus und einhergehender Anforderung nach schnelleren Zeiten zeigt sich dann auch irgendwann der neutralste Reifen stark gestresst.
Spürbar stark erhitzt wird der Avon dann schon weich, neigt zum Graining und zeigt dem Fahrer damit, dass er es doch mit einem Straßenreifen zu tun hat.
Zurück in Deutschland konnten wir es uns nicht nehmen lassen, bei herbstlichen Temperaturen kurzerhand die nahe gelegene Kartbahn als Nassparcours zu nutzen.
Hier treffen nun zwei Gegebenheiten aufeinander, welche der Avon 3D Supersport eigentlich so gar nicht mögen sollte: #kaltundnass
Die Warmlaufphase, welche er benötigt, dauert jetzt schon etwas länger und das Gefühl für das Haftungslimit des Vorderrads ist ein wenig intransparent. Aber für einen (Hyper-)Sportreifen ist die Nasshaftung allgemein auf einem hohen Niveau. Somit lässt auch einsetzender Regen den flotten Ritt nicht zum Desaster werden.
Hier lässt er zwar ein paar Federn, aber das ist bei der sonst durchweg guten Performance verkraftbar.
Fazit:
Really well done! Wir haben insgesamt 1.950 km mit dem Avon 3D Supersport auf unserer 890 Duke abgespult.
Der auf Dual-Compound-Silica-Basis aufgebaute Reifen hält, was Avon verspricht.
Er übertrifft manch eine Erwartung und hält die 116 Pferde lässig im Zaun. Gerade in Bezug auf die Verschleißhaltbarkeit ist nach dieser Distanz – Restprofil vorne 2,7 mm (neu: 3,9 mm) und hinten 2,8 mm (neu: 5,2 mm) – davon auszugehen, dass der Avon das gleiche Programm noch einmal mitmacht.
Ein in diesem Segment des Öfteren auftretendes Phänomen ist, dass der Verschleiß nicht nur das Profil betrifft, sondern vielmehr die gesamte Performance eines Reifens überproportional abbaut. Positiv hervorzuheben ist, dass dies mit dem 3D Supersport bis zum Testende nicht passiert ist.
Die Mischungen passen auch für unseren Einsatzzweck sehr gut zur Haltbarkeit. Der 3D Supersport performt auf einem wirklich guten Level, hat Grip bis zur Kante und ist dabei überaus berechenbar.
Im kroatischen Temperaturfenster von 17 bis 24 Grad fühlte sich der Reifen wohler als bei deutschen 10 Grad und Regen.
Aber bei der zu erwartenden Laufleistung wird er bei vielen Mid-Size-Motorrädern bestimmt bis zum Herbst halten und auch solche Bedingungen managt er gut. Laut Avon rangiert der 3D Supersport zwar im Hypersportreifen-Segment, gehört aber vom Verhalten her eher genau zwischen Sport und Hypersport.
Ob es Zeit wäre, eine neue Klasse zu erfinden? Der Spagat zwischen lockerem bis straffsportlichem Landstraßenauftritt und dem Hobbyracing auf dem Trackday gelingt dem 3D Supersport wirklich gut.
Der Avon ist ein prima Gummi, welchen vielleicht nicht jeder sofort auf dem Radar hat.
Der Blick über den Tellerrand hat sich hier für uns auf jeden Fall gelohnt. Es wird Zeit, den britischen Reifen mal in einem Vergleichstest der Konkurrenz vorzustellen.
Der 3D Supersport ist in allen gängigen 17-Zoll-Formaten verfügbar (Front: 120/70 ZR17, Rear: 160/60, 180/55, 180/60, 190/55, 200/55) und somit passend für viele Motorräder.
Vielleicht ist der gleiche Blick über den Tellerrand eine lohnende Option für deine nächste Saison …
Gut gemacht AVON!